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Der grüne Schnitt im Leben

Hartwig Stratmann blickt auf das Bundestreffen 2022 zurück.

 

Woran denken Sie, wenn Sie diese Überschrift lesen? – An eine ökologische Wende, an Nachhaltigkeit, vielleicht an Lebensveränderungen oder an Wandel, ggfs. an den goldenen Schnitt als Harmonieansatz? Und was hat das mit dem CAV Bundestreffen zu tun?
Beim Bundestreffen „Menschen · Planen · Wandel“ war dies alles Thema.

Am ersten Tag waren die Mitarbeiter des Architekturbüros buerohauser Nico Dürr, Tareq Athamneh und Katharina Wienholz unsere Referenten. Leider war Helmut Hauser, ein ehemaliger CJDler, verhindert. In Ihrem Startreferat stellte uns Frau Wienholz das Büro und den Standort Altensteig, die meistfotografierte Stadt des Schwarzwaldes, vor. Da buerohauser in die Quartiersentwicklung einbezogen war und wir wussten, dass die Exkursion am Nachmittag uns vor Ort führen würde, stieg die Spannung. „Schön“ empfundene Wohnungen und „lebenswerte Arbeitsplätze“ haben im Hintergrund ästhetisch designte Lösungen. Diesen Zusammenhang stellte uns Herr Dürr am Beispiel der Gestaltung des eigenen Bürogebäudes und von Häusern, die in Lückenbebauungen eingefügt werden sollen, vor. Und da kam auch das Element des „goldenen Schnitts“ als harmonische Aufteilung von Fenster und Fassadenflächen zum Tragen. Der Lichteinfall und Farb- und Materialakzentuierungen in Innenräumen tun ihr Übriges, um den Räumen Tiefe und Harmonie zu geben. Kontrastreich wurde das Fehlen dieser Prinzipien an einem Wohnhaus aus vorhandener Bebauung sichtbar. Herr Dürr verstand es, uns darzulegen, was das besondere architektonische Element des „Wohlfühlens“ ausmacht. Komplettiert wurde die Vorstellung durch den Input Herrn Athamnehs als Stadtplaner.
Baugelände brauchen eine mehrdimensionale Perspektive, nach der sie angesehen werden. So sind sowohl die soziale als auch die wirtschaftliche, die soziologische, aber auch die kulturhistorische Sicht nötig, um von einer „Quartiersbetrachtung“ zu sprechen, die den Namen verdient. Ein Hausbau oder eine Quartiersentwicklung muss der Geschichte, den Baustil, den sozialen Gegebenheiten und auch den finanziellen Möglichkeiten des Umfelds gerecht werden. Richtig ergänzt um Begegnungsflächen, Grünflächen (öffentlich oder privat), Spielflächen oder auch Höhenverläufen, entsteht ein lebenswertes Gesamtensemble. Hr. Athamneh schöpfte bei seinem Referat aus seinem reichhaltigen globalen Fundus von Quartiersentwicklungen und konnte uns damit beeindrucken.
Man könnte es fast so formulieren, dass auch ein Haus sich an seinem Standort wohlfühlen muss, damit die Bewohner das selbige können. Leider werden die Ergebnisse solcher Untersuchungen zu selten umgesetzt, da sie der maximalen Verdichtungsmöglichkeit wenig gerecht werden und damit „Geld“ verschenkt wird. Sicher ist das ein Grund für viele seelenlose Wohngebiete. Im Nachgang wird dann allerdings investiert, um die schlecht arrangierten Verhältnisse etwas zu mildern – hilfreicher wäre auch hier alte Regel, die Dinge gleich richtig zu tun.

Nach dem Mittagessen fuhren wir dann hochgespannt mit dem Bus nach Altensteig. Ein Blick von der so genannten Fototerrasse überzeugte uns, dass der Blick auf Altensteig seine Berühmtheit verdient hat. Das Wetter verwöhnte uns. Hier trafen wir auf Herrn Unsöld, ehemaliger Baudezernent der Stadt Altensteig. Lebhaft berichtete er uns aus dieser Perspektive von seiner Stadt und wie sich die neuen Gebäude harmonisch in das Stadtbild einfügen. Aus dieser entfernten Perspektive sind es eher die Dachverläufe, Farben und Höhenlinien, die man wahrnimmt. Bauordnungen werden häufig dafür kritisiert, dass es Regeln gibt, die nur die Vögel wahrnehmen können. In Altensteig mit seinen steilen Hängen trifft das aber wirklich nicht zu, denn auf die Dächerwelt von Altensteig blickt man als Mensch an vielen Orten in der Stadt.
Später bei der Führung im Quartier fand man die vielen Ansätze wieder. Autofreiheit, Stiegen zwischen den Häusern, kleine Freiflächen, ähnliche Fensteroptiken im Vergleich zu den Nachbarhäusern bei moderner holzreicher Ausgestaltung und vieles mehr. Als ob der Tag nicht schon genug Schönes geboten hätte, wurde uns als Abschluss noch eine Einladung zu Kaffee und Kuchen in der Kunsthalle Altensteig zuteil. Diese wird betrieben von Frau Unsöld und ist räumlich verbunden mit einer 100 Jahre alten Schmiede. Weitere Fragen zu Architektur und Stadtentwicklung konnten diskutiert werden, aber selbstverständlich auch zu den Kunstwerken in der Kunsthalle, u. a. zu einigen Objekten der russischen Moderne. Und das alles bei einer großen Auswahl hervorragender selbstgebackener Kuchen – was ging es uns gut!

Am nächsten Tag konnte glücklicherweise Jens Wedel seinen krankheitsbedingt ausgefallenen Mitgesellschafter Friedrich Büse vertreten. Beide leiten die Firma endori. Herr Wedel stellte unter dem Thema „Vom Feld bis auf die Gabel“ veganes Essen als einen attraktiven und notwendigen Ernährungsumstieg aus der fleischlastigen Kost vor. Ein Weiterso, also ein Fleischkonsum, wie er heute prägend ist, oder gar eine Ausweitung dieses Lebensstils, ist schlicht nicht möglich! Es stehen einfach nicht genug Planeten Erde zur Verfügung. Allein die heutige Ausrichtung der Lebensmittelindustrie verbraucht 30 % der eisfreien Erdoberfläche und 70 % des verfügbaren Frischwassers. Alleine die Herstellung der Futtermittel für alle Schlachttiere dieser Welt verbraucht eine Fläche in der Größe der EU 27. Als Anbaufläche für die gleiche Menge pflanzlichen Proteins wäre die Fläche von Großbritannien ausreichend. Endori produziert veganes Essen auf Basis der gelben Erbse, da diese in unserem Klima anbaubar ist und bessere Eigenschaften als die grüne Erbse hat. Die existierenden Logistikwege und landwirtschaftliche Strukturen in Deutschland können erhalten bleiben.
Haben Sie sich schon mal gefragt, warum veganes Essen heute Form, Textur und Geschmackserleben bekannter Fleischgerichte hat? Man wäre doch frei, andere Formen zu erfinden, andere Geschmäcker zu bedienen und ähnliches. Die Antwort ist einfach: „bekannte Produktalternativen“ lassen sich leicht um entsprechende bekannte Beilagen und Menüfolgen ergänzen. Mit der längeren Verfügbarkeit vegetarischer oder veganer Proteinprodukte werden eigene Produktformen, Texturen und Geschmacksrichtungen entwickelt werden. Das Wiener Schnitzel ist auch erst vor 150 Jahren entwickelt worden, obwohl es Kalbfleisch seit über 2.000 Jahren gibt.
Leider fiel durch die Krankheit von Herrn Büse die Durchführung eines vegan gestalteten Abendessens mit Produkten der Firma endori aus. Dennoch versuchten wir, das Essen vegetarisch und vegan mit der Küche abzustimmen. Die Rückmeldung war in dieser Hinsicht etwas gemischt. Hr. Wedel erläuterte diesen Sachverhalt dahingehend, dass die Aufbereitung und Darreichung von veganen Essen in einer Großküche anderes durchgeführt werden muss, als dies in der heutigen erlernten Praxis üblich ist. Das Essen ist u. a. grundsätzlich heißer aufzubereiten.
Herr Wedel ist davon überzeugt, dass veganes Essen die Zukunft der menschlichen Ernährung sein muss. Ob es die Zukunft auf Basis der Erbse ist, ist sicherlich offen. Optimal ist wie immer die Diversifikation mit proteinreichen Pflanzen (bspw. die Linse, demnächst bei endori verfügbar) um eine monostrukturierte Landwirtschaft gleichzeitig zu vermeiden.
Übrigens, pflanzliches Protein ist nicht die einzige Lösung. „Veganes“ Fleisch steht z. B. als gedruckte oder in-vitro-Lösung in den Startlöchern.

Viele Themen blieben in diesem Bericht zu den Referaten unberücksichtigt, da Sie hier den Platz gesprengt hätten. Deshalb können die vollständigen Referate von unserer Homepage geladen werden. Ich möchte mich auf diesem Wege bei allen Referenten für die spannenden und authentischen Referate bedanken. Ich denke, jeder, der dabei war, wird etwas für sich mitgenommen haben. Für mich persönlich werden es als alter weißer Mann zwei Dinge sein:
Mehr Experimente mit vegetarischen und auch veganen Produkten in der Küche und bei der Suche eines neuen Wohnsitzes in vielleicht 10 Jahren mehr auf Harmonie und Licht in der Wohnung und im Quartier zu achten.
Das Bundestreffen schloss mit einem tollen Abend, den wir im Hof der Burg mit Theater, Feuer, Tanz und Spiel verbracht haben. Das Wetter beschenkte uns mit tollem Sonnenlicht und einem tropischen Abend, der einige erst in den frühen Morgenstunden ins Bett verschwinden ließ. Der Burgfried stand die ganze Nacht offen und belohnte uns mit einem weiten Blick ins Tal.

Fast hätte ich es vergessen: Wir hatten noch einen Referenten – Dr. Eduard Ferderer von internationalen Hochschule Bad Liebenzell. Herr Ferderer arbeitet als Dozent an der IHL. Er stellte diese und auch die Bad Liebenzeller Mission vor. Auch mir war entgangen, dass es seit vielen Jahren eine Universität in Bad Liebenzell gibt. Diese ist u. a. aus Liebenzeller Mission hervorgegangen, die es schon seit mehr als 100 Jahren am Fuße der Burg gibt. Aufgabe ist die Ausbildung von Pfarrern für die Gemeindeentwicklung, speziell für das Ausland im Sinne der Missionsarbeit.
Kennengelernt habe ich Hr. Ferderer, als wir auf der Suche zur Andachtsgestaltung am Sonntag waren. Mit ihm haben wir jemanden gefunden, der uns eine Andacht am Sonntag sogar mit Orgelmusik in der wunderschönen Kapelle der Burg gestaltet hat. Die Kapelle war zudem mit Kerzen illuminiert. Hr. Ferderer brachte die Inhalte der Referate mit Gottes Wort in Verbindung, was dem Bundestreffen den richtigen Abschluss gab.

Bedanken möchten wir uns bei allen Teilnehmern für Ihre Treue, für die anregenden Gespräche und Fragen, ohne die die Referate nicht ihre Wirkung hätten, bei den Referenten, dass Sie uns Ihre Zeit in der Vorbereitung und in der Durchführung des Tages bereitgestellt haben.
Speziell möchte ich noch Suse Maurer danken, die sich sofort für die Gestaltung der ersten Andacht zur Verfügung gestellt hat. Dies gilt natürlich auch für meine beiden Mitstreiter Susanne Hein und Ronald Peters. Von beiden heißt es, sie wollen das nächste Bundestreffen 2023 am Seddiner See wieder mitorganisieren. DANKE!